Birkenpech, der älteste natürliche Klebstoff aus der Zeit des Neandertalers

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Dr. Patrick Schmidt, Institut für Ur- und Frühgeschichte und Archäologie des Mittelalters, Eberhard-Karls Universität Tübingen

Die Birkenpechherstellung von Neandertalern wird oft als eine der frühesten Ausdrucksformen von modernem kulturellem Verhalten angesehen. Der Grund dafür ist, dass sie scheinbar ein komplexes Verfahren erfordert. Bei einem unterirdisch ablaufenden Vorgang, so die gängige Lehrmeinung, muss die Sauerstoffzufuhr eingeschränkt werden, so dass austretende Pflanzensäfte nicht vor ihrer Umwandlung zum Teer verbrennen. Die Teerherstellung ist also ein aufwendiger Prozess der einiges an Wissen und Planung erfordert. Es erscheint auch fast unmöglich eine Methode, bei der Abläufe unsichtbar und unkontrollierbar ablaufen durch Zufall zu entdecken.

Kürzlich haben die Ergebnisse einer Tübinger Forschergruppe allerdings gezeigt, dass Holzteer auch kondensiert, wenn Birkenrinde direkt neben leicht überhängenden Oberflächen von Steinen abbrennt. Diese sogenannte Kondensationsmethode läuft überirdisch, gut sichtbar und unter steter Luftzufuhr ab. Diese Erkenntnis macht es möglich unvoreingenommener an die Interpretation von Neandertaler-Birkenpechfunden zu gehen. Teer kann mit ganz unterschiedlichen Methoden hergestellt werden und Rückschlüsse auf seine Hersteller müssen auf einer Interpretation derjenigen Methode beruhen, die tatsächlich benutzt wurde.