Speerwerfen wie in Urzeiten

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von Jutta Trilsbach

Mauer.  Am Rathaus flogen die Speere: der Verein Homo heidelbergensis von Mauer veranstaltete am letzten Sonntag – begleitend zum Thema seiner interessanten Sonderausstellung „Der große Wurf – Jagen, Sammeln und Leben vor 300.000 Jahren“ – ein offenes „Speerwerfen“ an der grünen Wiese. Ein Angebot, das bei trockenem Wetter zumindest bis zum frühen Nachmittag von Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen mit großem Interesse angenommen wurde. Die Vereinsmitglieder Robert Böhm, Heino Hobbie, Volker Liebig, Rainer Zimmermann sowie weitere Helfer aus dem Verein hatten ein Zelt, eine große Zielscheibe sowie Informationstafeln für die Besucher aufgebaut und standen für alle Fragen beratend zur Seite.

Die Speerwurftechnik der Steinzeitmenschen beschäftigt auch Robert Böhm intensiv, der drei Speere aus Holz von kleinen Fichtenbäumen nahezu originalgetreu nachgebaut hatte und für die Veranstaltung zur Verfügung stellte.  Der promovierte Physiker erklärte anschaulich und anhand einer Formel die idealen Flugeigenschaften der frühen Jagdwaffen. Erst vor circa 20.000 Jahren, vermutlich auch früher, erfanden die Menschen der Frühzeit dann Speerschleudern in Form eines kurzen Holzstückes, das unten am Speer angesetzt wurde und beim Abwurf eine Hebelwirkung erzeugte. Böhm zeigte dabei: „Mit der Schleuder erreichten die Speere mehr Flugstabilität und Geschwindigkeiten bis zu 160 Stundenkilometern, bei Reichweiten bis zu 180 Metern.“ Diese Weiten wurden auf der Rathauswiese beim Probewerfen zwar nicht erreicht. Doch landete ein schneller Speer im dichten Geäst eines Baumes, den Bürgermeister Heiko Braun hoch auf der Leiter stehend wieder herrunterholen konnte. Wie in einem kleinen Wettbewerb, eiferten Eltern und Kinder mit Neugier und Spaß unseren Vorfahren nach und freuten sich über so manch großen Wurf.

Einige Besucher hatten sich zunächst die Wanderausstellung aus Schöningen in der Kulturscheune des Heid’schen Hauses angeschaut und waren daher gut informiert. Vor über drei Jahrzehnten wurden im Schöninger Braunkohletagebau, an einem ehemaligen Seeufer, die ältesten Wurfspeere der Welt gefunden. Eine Sensation, sind doch die 300.000 Jahre alten Speere und dabei auch zahlreiche Tierknochenfunde ein Zeugnis dafür, dass dort Steinzeitmenschen auf der Jagd nach Wildpferden, Wildrindern und Rotwild erfolgreich waren. Speere stellten die effektivsten Jagdwaffen in der Frühzeit des Menschen dar, der damit über nahrhaftes Frischfleisch verfügte, das er mit scharfen Steinwerkzeugen zerlegte. Angesichts dieser Spitzentechniken gerät man noch heute ins Staunen, wie intelligent Homo heidelbergensis und Neandertaler vorgegangen sind und damit Meilensteine in der Entwicklung der Menscheheitsgeschichte setzten.

Info: Die Wanderausstellung aus Schöningen in der Kulturscheune des Heid’schen Hauses kannnoch bis zum 9. November, freitags von 15 bis 18 Uhr, Sa/So. von 11 bis 18 Uhr besucht werden.

Am Sonntag, 9. November, präsentiert Norbert Hirschinger im Steinzeitatelier im Heid’schen Haus steinzeitliches Gerät aus Naturmaterialien, vieles zum Ausprobieren.